Stellen Sie sich eine typische Unternehmensszene vor: Herr Hoffmann ist Wirtschaftsprüfer in der Finanzabteilung und sein Team hat gerade die Verantwortung für die Erfassung von Emissionen übernommen. Frau Schmidt aus dem Nachhaltigkeitsteam, die die Berichterstattung im letzten Jahr verwaltet hat, rät ihm, die Zahlen des Basisjahres neu zu berechnen. Herr Hoffmann ist verwirrt, da die Gesamtzahl nun 13% niedriger ist und fast jede Kategorie sich geändert hat, obwohl die Zahlen geprüft wurden.
Dieses Szenario spielt sich regelmäßig bei Kunden und in verschiedenen Sektoren ab. Im Nachfolgenden erfahren Sie, wie Sie Ihrem Unternehmen helfen können, Nachhaltigkeit durch effektive Transitionsplanung in Ihre bestehenden Prozesse und Unternehmensführung zu integrieren.
Nachhaltigkeitskonformität wird zur Pflicht
Das globale Wirtschaftsprüfungsgeschäft hat einen Wert von etwa 220 Milliarden Euro. Großunternehmen haben oft eigene Abteilungen zur Prüfung, um das Risiko von Geldstrafen und negativen Auswirkungen auf die Wertentwicklung zu minimieren. Auch die Nachhaltigkeitsberichterstattung entwickelt sich nun von „freiwillig“ zu „verpflichtend“. So wurde beispielsweise im Januar 2023 die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) eingeführt, gefolgt vom Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM). Die Berichtsrahmen entwickeln sich ebenfalls weiter, wobei die Transition Plan Taskforce (TPT) und die Taskforce on Climate-related Financial Disclosures (TCFD) unter die Zuständigkeit der International Financial Reporting Standards (IFRS) fallen.
Es ist daher nicht überraschend, dass viele Unternehmen die Verantwortung für diese obligatorische Berichterstattung von traditionellen Nachhaltigkeitsteams auf bestehende Risiko- und Compliance-Teams verlagern. Diese Teams sind theoretisch gut für die Rolle aufgestellt, da sie die Fähigkeiten und etablierten Systeme und Prozesse haben, um die Einhaltung von Vorschriften effizient und mit minimalem Risiko zu gewährleisten.
Die Herausforderung der Datenqualität
CO2e-Bilanzierung ist jedoch nicht dasselbe wie Finanzbuchhaltung. Emissionsschätzungen sind eben immer nur Schätzungen. Insbesondere bei Scope 3 Emissionen, bei denen die meisten Unternehmen Ausgaben als Ersatz für reale Lieferantenemissionen verwenden, wobei letztendlich Pfund, Dollar oder Euro in Tonnen CO2e umgerechnet werden. Für einige Lieferanten, Sektoren und Märkte kann dieser Ansatz ein angemessener Ersatz sein. Für andere ist er jedoch ungenau, wie Unternehmen feststellen, wenn sie mit Lieferanten zusammenarbeiten, um qualitativ bessere Daten zu erhalten. Zum Beispiel im Falle von CO2e-Zahlen, die auf einer Lebenszyklusanalyse eines Produkts basieren. Emissionsschätzungen gehen hier je nach Unternehmen, Kategorie und Emissionsfaktoren sowohl deutlich nach oben als auch nach unten.
Infolgedessen sind Nachhaltigkeitsexpert:innen versiert darin, die Zahlen und Ausgangswerte der Klimabilanzierung regelmäßig neu zu ermitteln, nachdem die Datenqualität verbessert wurde.
Risiken bei der Verlagerung der Berichterstattung
Wenn die Verantwortung von Nachhaltigkeitsteams, die es gewohnt sind, mit schwankenden Zahlen zu arbeiten, auf Finanz-/Compliance-Teams übergeht, deren beruflicher Stolz auf Genauigkeit und Vollständigkeit beruht, ist es unerlässlich, dass dieser Übergang gut durchdacht ist. Ohne einen klaren Plan können die potenziellen Auswirkungen Folgendes umfassen:
- Ein Zusammenbruch des Verständnisses und Respekts zwischen den beiden Teams
- Stockender Fortschritt bei der Verbesserung der Datenqualität aufgrund unangemessener Bedenken hinsichtlich der „Stabilität“ der gemeldeten Zahlen
- Finanz-/Compliance-Teams werden skeptisch gegenüber Nachhaltigkeitsinitiativen, was sich allgemein negativ auf Klimaschutzmaßnahmen und die Erreichung von Net Zero auswirkt
Überlassen Sie nichts dem Zufall – bringen Sie alle Teams ins Boot
Die Verlagerung der Nachhaltigkeitsberichterstattung und -konformität in die Finanz-/Compliance-Abteilung eines Unternehmens ist oft sinnvoll. Es ist wichtig, die Zahlen korrekt zu erfassen, aber die Fähigkeiten und Energie der Nachhaltigkeitsteams sollten darauf verwendet werden, Möglichkeiten zur Reduzierung dieser Zahlen zu identifizieren und umzusetzen sowie einen Plan für Net Zero zu entwickeln. Wie vermeidet man also die Fallstricke?
Aus unserer Erfahrung gibt es mehrere Erfolgsfaktoren:
- Fortbildung: Stellen Sie sicher, dass Finanzteams umfassend und regelmäßig in den Bereichen Nachhaltigkeits- und Compliance-Berichterstattung geschult werden, da sich die Datenqualität, Berichtsrahmen und die regulatorischen Vorgaben ständig weiterentwickeln.
- Engagement der Führungsebene: Die Verlagerung dieser Anforderung auf Finanzteams spiegelt die Bedeutung von Klimaschutz und Compliance in Ihrem Unternehmen wider. Dies wird neue Anforderungen an alle Bereiche, von F&E bis zur Beschaffung, stellen. Für den Erfolg ist sichtbare Unterstützung durch die Führungsebene entscheidend, damit alle Teams die grundlegende Klimawissenschaft und deren Auswirkungen auf das Unternehmen verstehen.
- Phasenweise Transition: Erwarten Sie, dass Nachhaltigkeitsteams mindestens im ersten Berichtszyklus maßgeblich beteiligt sind, um eine nahtlose Transition zu gewährleisten.
- Verbesserung der Datenqualität: Dies ist Teamarbeit. Arbeiten Sie aktiv mit Ihren Beschaffungsteams und Lieferanten zusammen, um dies zu ermöglichen.
- Aktionsplan: Zeigen Sie, wie diese Arbeit in die Transitionsplanung für Net Zero passt und diese unterstützt sowie die Einhaltung von Vorschriften gewährleistet. Der Erfolg hier ist eine Teamleistung, da Klimaschutz und die Minimierung von transitorischen Risiken eine enge Zusammenarbeit zwischen den Teams erfordert.
Weitere Informationen darüber, wie Sie Ihre Scope 3 Emissionen senken können, finden Sie in unserem Scope 3 Leitfaden und Video. Sie können auch Kontakt zu uns aufnehmen. Um über unsere neuesten Einblicke, Leitfäden und Veranstaltungen auf dem Laufenden zu bleiben, können Sie gerne unseren Newsletter abonnieren.