COP29 in Aserbaidschan hat bei den Staats- und Regierungschefs der Welt und der Zivilgesellschaft gemischte Reaktionen hervorgerufen. Obwohl die Ergebnisse nicht so ehrgeizig waren, wie viele gehofft hatten, bieten sie Unternehmen einige Möglichkeiten, auf dem Weg zu Net Zero Fortschritte zu erzielen.
COP29 zeigt die Schwächen multilateraler Klimaverhandlungen, eröffnete Unternehmen dennoch Möglichkeiten, Fortschritte voranzutreiben
Die wichtigste Entscheidung von COP29, das Ziel der internationale Klimafinanzierung, wurde von vielen Schwellenländern als zu niedrig und zu langsam kritisiert. Die Verhandlungen wurden durch Meinungsverschiedenheiten erschwert, die teilweise durch die Lobbyarbeit der Ölstaaten angeheizt wurden, und durch ein mangelhaftes Management der aserbaidschanischen Gastgeber. Die Wirksamkeit multilateraler Entscheidungsforen wurde in Frage gestellt. In Anbetracht der bevorstehenden Präsidentschaft von Trump, der wahrscheinlich aus dem Pariser Abkommen austreten will, ist es wichtiger denn je, dass Akteure der sogenannten „Realwirtschaft“ im privaten Sektor für Fortschritte sorgen.
Die Ergebnisse der offiziellen Verhandlungen von COP29 waren zwar nicht so ehrgeizig wie erforderlich, bieten Unternehmen aber trotzdem Unterstützung auf dem Weg zu Net Zero. Insbesondere die lang erwartete Umsetzung des globalen Marktes für CO2-Zertifikate sollte zu sofortigem Handeln anregen. Auch der eingeschlagene Weg zur Klimafinanzierung, sowie neue nationale Ziele zu Emissionsreduktionen sollten die Richtung deutlicher vorgeben, sodass Unternehmen mit größerer Zuversicht vorausplanen können.
Einigung über CO2-Märkte könnte neue Finanzströme für Unternehmen im Globalen Süden bringen
COP29 begann mit der Vereinbarung neuer Regeln für den globalen Markt für CO2-Zertifikaten der UN, dem „Paris Agreement Crediting Mechanism“. Gemäß Artikel 6.4 des Pariser Abkommens können Länder und Unternehmen nun mit dem Handel von UN genehmigten CO2-Zertifikaten beginnen, die für die Reduzierung oder den Abbau von Emissionen stehen. Für Unternehmen könnte die Umsetzung des Artikels eine bedeutende neue Finanzierungsquelle für Klimaschutzprojekte im privaten Sektor heißen, die Schätzungen zufolge bis 2050 eine Billion US Dollar erreichen könnte.
Das Aufsichtsorgan, zuständig für Artikel 6, wird 2025 einen Plan zur Genehmigung von Methoden zur Identifizierung anrechenbarer Aktivitäten im Rahmen des Mechanismus verfolgen. Diese Methoden müssen Bedenken wie Zusätzlichkeit und Verlagerung berücksichtigen, so dass ein Projekt eine hohe Klimaintegrität aufweist. Projektentwickler können diese Methoden dann nutzen und eine UN-Akkreditierung beantragen, wodurch sie durch den Verkauf von Zertifikaten eine zusätzliche Einnahmequelle schaffen können. Diese Form der Finanzierung ist nach wie vor ergebnisorientiert, stellt daher kein Startkapital für ein Projekt dar, könnte aber bei der Finanzierung von Projektentwicklungen helfen. Es hat zehn Jahre gedauert, bis der Mechanismus zur Vergabe von Zertifikaten im Rahmen des Pariser Abkommens vereinbart wurde. In dieser Zeit hat sich der Markt für freiwillige Maßnahmen weiter vergrößert und es wurden erhebliche Schritte unternommen, um die Glaubwürdigkeit freiwilliger Zertifikate zu steigern. Die Vereinbarung wird hoffentlich die Zugangsmöglichkeiten für Projektentwickler und Unternehmen, die Zertifikate erwerben, verbessern und so neue Finanzierungsmöglichkeiten für Unternehmen schaffen.
Die Vorteile werden vermutlich am stärksten im globalen Süden wahrgenommen, wo dringend Finanzmittel für Klimaschutzprojekte benötigt werden. Dies war besonders bei erneuerbaren Energieprojekten eine Herausforderung, da CO2-Zertifikate eine ergebnisbasierte Finanzierungsform sind. Diese können keine Vorauszahlungen für Projektkosten und die anfängliche Projektdurchführbarkeit leisten, wodurch es schwierig ist, die Zusätzlichkeit nachzuweisen. Um dies zu bewältigen, prüft der Integrity Council for the Voluntary Carbon Market (ICVCM) methodische Optionen, um die CO2-Finanzierung für diese Aktivitäten zu ermöglichen.
Ein weiterer wichtiger Bereich für den globalen Süden sind naturbasierte Ansätze, die eine relativ kostengünstige Kompensation von CO2 ermöglichen, bei denen jedoch die Festlegung und Überwachung effektiver Referenzszenarien problematisch ist. Technologische Lösungen für die Überwachung erhöhen die Glaubwürdigkeit einer Reihe naturbasierter Ansätze. Die Herausforderung besteht weiterhin darin, dass der Preis der Zertifikate die Kosten für die Projektüberwachung effektiv decken und der Projektentwicklung zugutekommen muss. Wie viel Geld angesichts der Vielzahl von Vermittlern tatsächlich beim Projektentwickler ankommt, ist weitgehend unbekannt. Dies zu verstehen ist wichtig, damit die CO2-Finanzierung an die richtigen Stellen fließt und eine maximale Wirkung erzielt.
Artikel 6.4 des Abkommens bietet auch weitere Möglichkeiten für Unternehmen, die CO2-Zertifikate erwerben möchten. Das Vertrauen in den freiwilligen CO2-Markt wurde in den letzten Jahren geschwächt, und es wurden eine Reihe von Integritätsstandards eingeführt, um das Vertrauen wiederherzustellen. Der Zertifikatsmechanismus des Pariser Abkommens wird parallel zu den verschiedenen Initiativen auf dem freiwilligen Markt bestehen und könnte sich für Unternehmen angesichts der Differenzen als schwierig erweisen. So sind beispielsweise die in Artikel 6.4 enthaltenen Regeln, insbesondere für die Kompensation von CO2-Emissionen, nicht so streng wie die Integritätsregeln für den freiwilligen CO2-Markt. Die Regeln zur Integrität sollten auf dem gesamten Markt einheitlich sein, um Unternehmen dabei zu unterstützen, ein gleichbleibend hohes Qualitätsniveau und Investitionen in klimaintegres Verhalten zu gewährleisten.
Ein unzureichendes neues Finanzziel könnte den privaten Sektor stärker dazu drängen, den globalen Weg zu Net Zero zu finanzieren
Im Gegensatz zu den Gesprächen über Artikel 6 mussten die Verhandlungsführer bei der Ausarbeitung eines neuen Klimafinanzierungsziels am letzten Tag der Konferenz in die Verlängerung gehen. Die Industriestaaten einigten sich schließlich auf ein Ziel von „mindestens“ 300 Milliarden US Dollar pro Jahr bis 2035. Dies ist eine Steigerung gegenüber dem vorherigen Ziel von 100 Milliarden US Dollar, aber 1 Billion US Dollar weniger ist, als viele Entwicklungsländer für die Eindämmung des Klimawandels und die Anpassung an dessen Folgen benötigen.
Schwellenländer hofften darauf, dass ein bestimmter Anteil dieser Gelder in Form von öffentlichen, zuschussbasierten Finanzmitteln bereitgestellt werden würde. Stattdessen werden die 300 Milliarden US Dollar Zuschüsse und Darlehen aus öffentlichen, privaten und multilateralen Quellen einschließen. Die Industriestaaten erklärten sich bereit, bei der Bereitstellung der 300 Milliarden US-Dollar „die Führung zu übernehmen“, wobei jedoch erstmals auch Beiträge von wohlhabenden Schwellenländern wie China offiziell als Klimafinanzierung angerechnet werden dürfen.
Neben dessen, wird in dem Abkommen auch die Notwendigkeit anerkannt, die Lücke auf 1,3 Billionen US Dollar zu schließen. Entscheidend ist jedoch, dass alle Akteure (nicht nur die Industrieländer) Verantwortung dafür tragen. Im Laufe des nächsten Jahres soll die „Roadmap von Baku nach Belém zu 1,3 Billionen US Dollar“ benötigte Informationen darüber liefern, wie diese Lücke geschlossen werden kann. Zwei Grundsätze müssen Teil dieses Plans sein: Erstens ist es für die Mobilisierung privater Finanzmittel unerlässlich, dass die begrenzten öffentlichen Klimafinanzmittel effizient genutzt werden, um Risiken für zentrale Projekte und Sektoren zu verringern. Zweitens sind größere Kapazitäten und ein stärkeres Klimabewusstsein innerhalb der nationalen Finanzsysteme erforderlich, damit lokale Finanzinstitute eine aktivere Rolle bei der Bereitstellung von Finanzierungslösungen spielen können.
Da die Industrieländer und multilateralen Entwicklungsbanken weniger Mittel als erhofft bereitstellen, sind private Finanzierungsquellen umso wichtiger. Alle Optionen liegen auf dem Tisch. Eine auf der COP28 eingesetzte Taskforce für globale Solidaritätsabgaben untersucht eine Reihe von Maßnahmen, darunter Steuern für Sektoren mit hohen Emissionen wie Luft- und Schifffahrt, geringere Subventionen für fossile Brennstoffe und eine Steuer auf Finanztransaktionen.
Nach zwei Wochen zäher Verhandlungen – in denen sich die Industrieländer weigerten, über Zahlen zu sprechen, die am wenigsten entwickelte Länder und Inselstaaten die Verhandlungen verließen und Minister hinzugezogen wurden, um den festgefahrenen Prozess wieder in Gang zu bringen – war die Erleichterung groß, dass die Einigung in letzter Minute zumindest den völligen Zusammenbruch der multilateralen Gespräche verhindert hat. Allerdings werden Unternehmen in Schwellenländern die Vorteile nicht sofort spüren. Viele dieser Länder forderten, dass die höheren Klimafinanzierungsbestimmungen bereits ab 2025 gelten sollten. Da die USA jedoch voraussichtlich aus dem Pariser Abkommen aussteigen und ab dem nächsten Jahr alle Klimafinanzierungen einstellen werden, konnten die Industrieländer ein konservativeres Engagement für eine schrittweise Erhöhung der Finanzmittel bis 2035 erreichen.
Verfolgen Sie, wie sich nationalen Ambitionen zur Emissionsminderung auf Sektoren auswirken
Ein weiterer Grund für mäßige Fortschritte bei der COP29 waren nationale Klimaschutzziele. Unternehmen können ab Februar 2025, der Deadline zur Einreichung von national festgelegten Beiträgen (National Determined Contributions, NDCs) für 2035, mit mehr Klarheit rechnen. Einige Länder, darunter Großbritannien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Brasilien, übernahmen eine Vorreiterrolle, indem sie ihre NDCs bereits bei der COP29 einreichten. Brasiliens NDC zeigt starke Ambitionen, die das Gastgeberland voraussichtlich auf der COP30 im nächsten Jahr vorantreiben wird. Es verpflichtet sich (bedingungslos) zu einer Emissionsreduzierung von 59-67% bis 2035, bezogen auf das Basisjahr 2005.
Unterdessen verpflichtete sich das Vereinigte Königreich in Baku zu einer Reduzierung um 81% bis 2035, was eine größere Reduzierung als das bisherige Ziel von 78% darstellt. Unternehmen müssen auf weitere Einzelheiten zu den Richtlinien warten, die Fortschritte bei der Erreichung der NDC-Ziele ermöglichen. Sie können jedoch davon ausgehen, dass CO2-Bepreisung ein gemeinsamer Bestandteil von künftigen nationalen Klimapolitiken sein wird, um sektorale Umstellungen voranzutreiben.
In Baku gab es auch mehrere Nebenverpflichtungen, die einen Einblick in die wesentlichen Aspekte der anstehenden NDCs geben: Mehr als 30 Länder verpflichteten sich, Methan-Ziele aufzunehmen, und 25 Länder sagten zu, sich für den Ausstieg aus der Kohleenergie einzusetzen
Darüber hinaus lieferte COP29 jedoch nicht die erhofften Leitlinien dazu, was die NDCs bis 2035 beinhalten sollten. Die Verhandlungen über die Emissionsminderung waren von Anfang an durch einen Streit des Umfangs der Verhandlungen belastet, die auf den Ergebnissen der letzten COP in den Vereinigten Arabischen Emiraten aufbauen sollten. Bei den Gesprächen in Baku wurde der endgültige Text zum VAE-Dialog aufgrund von Meinungsverschiedenheiten zum Ausstieg aus fossilen Brennstoffen nicht angenommen, dessen Integration in den Verhandlungen zur globalen Bestandsaufnahme im vergangenen Jahr gegen den Widerstand wohlhabender Ölstaaten wie Saudi-Arabien hart erkämpft worden waren.
Verstärkte Zusammenarbeit zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor ist nötig, um ambitioniertere Klimaziele zu erreichen
Die politischen Ambitionen in Bezug auf den Klimaschutz sind nach wie vor vorhanden, aber Staats- und Regierungschefs der Welt stellen fest, was viele Unternehmer schon seit einiger Zeit wissen: Die Verwirklichung von Net Zero ist in der Realität schwierig. COP29 hielt an den Kernelementen des Pariser Abkommens fest und einigte sich auf zwei Maßnahmen für die dringend benötigte Klimafinanzierung. Obwohl beide nicht optimal sind, bieten sie eine erweiterbare Grundlage, zur Beschaffung von finanzieller Unterstützung, auf dem Weg zur Net Zero Wirtschaft.
Abgesehen von den angespannten Verhandlungen in Baku ist der private Sektor nach wie vor in der besten Position, um den Fortschritt in Richtung einer nachhaltigeren Zukunft zu beschleunigen, und der von ihm eingeleitete Wandel ist bereits in vollem Gange. Saubere Elektrizität macht bereits 39% der weltweiten Versorgung aus, die Solarenergieerzeugung stieg 2023 um 23% und die Windenergieerzeugung im selben Jahr 10% an. Die Investitionen in Projekte für saubere Energie sind jetzt doppelt so hoch wie die Gesamtausgaben für die Versorgung mit Kohle, Öl und Gas. Der Umstieg auf saubere Energie ist eindeutig nicht mehr umzukehren, und der private Sektor treibt ihn voran.
Wie dieser Umstieg unterstützt und beschleunigt werden kann und welche Rolle der private Sektor dabei spielt, muss im Vorfeld der COP30 im nächsten Jahr weiterhin im Mittelpunkt der staatlichen Maßnahmen stehen, wenn neue NDCs für 2035 festgelegt und die erforderlichen Finanzmittel dafür bereitgestellt werden.